Tierschutzminister Johannes Rauch lädt Vertreter des Handels heute zu einem Round Table über eine mögliche Tierhaltungskennzeichnung. Die AMA-Marketing begrüßt das Gespräch. Sie bekennt sich seit langem zu einer objektiven Kennzeichnung von Haltung und Tierwohl. Gemeinsam mit Anspruchsgruppen aus Wirtschaft und Gesellschaft wird ein über alle Branchen und Produkte anwendbares Kennzeichnungssystem entwickelt.
Haltungskennzeichnung wird von Konsumenten gefordert
„Seit mehreren Monaten erarbeiten wir in sehr konstruktiven Gesprächen gemeinsam mit den Vertretern der Landwirtschaft, Produktion und des Handels an einem Kennzeichnungssystem, das auf den ersten Blick Auskunft über die Tierhaltung gibt. Immer wieder sind Tierschutzorganisationen mit ihren Visionen, Forderungen und ihrer Kritik in den Prozess involviert. Wichtig dabei ist die Einbindung aller Player und Produktionsstufen. Die Kennzeichnung soll alle tierischen Bereichen umfassen, also Fleisch und Fleischwaren von Schwein, Rind und Geflügel sowie Milch und Milchprodukt, und allen Marktpartnern als österreichweite Branchenlösung zur Verfügung stehen. Als langjähriger, anerkannter Systembetreiber in der Qualitäts- und Herkunftssicherung entlang der Vermarktungsstufen steht die AMA als Abwickler gerne zur Verfügung“, erklärt Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing.
Mit der transparenten Kennzeichnung der Tierhaltung möchte die AMA-Marketing ihren gesetzlichen Auftrag – die Förderung der Qualität und Information der Verbraucher – erfüllen und immer mehr Konsumenten von qualitätsorientierten Programmen überzeugen. Der im vergangenen Jahr vorgelegte „Masterplan Schwein“ sieht die schrittweise Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels sowohl in der Basis als auch in besonderen Haltungssystemen vor. Ziel der AMA ist es unter anderem, eine Million Schweine – also jedes zweite AMA-Gütesiegel-Schwein – bis zum Jahr 2030 aus Tierwohlstufen zu vermarkten.
Tierwohl wird von den Betrieben umgesetzt
„Alle reden über Tierwohl. Die bäuerlichen Betriebe sind diejenigen, die die notwendigen Maßnahmen konkret umsetzen können. Dafür brauchen sie stabile, berechenbare Bedingungen und die Wertschätzung der Konsumenten, um ihre Ställe entsprechend umbauen zu können. Die Signale des Lebensmittelhandels, mit der Landwirtschaft konstruktive Gespräche auf Augenhöhen führen zu wollen, freuen uns sehr. Viele Schweinebauern sind offen für eine Weiterentwicklung. Fast täglich erhalten wir Anfragen von Schweinemästern, die auf alternative Haltungssysteme umsteigen und mit dem AMA-Gütesiegel-Modul Tierwohl absichern lassen möchten“, so Blass.
Kritik von Moosbrugger: Bauern sollten in Diskussion um Haltungskennzeichnung eingebunden werden
„Wir sind in hohem Maße daran interessiert, dass es den Tieren auf unseren Betrieben gut geht. Außerdem stehen Tierwohl und Zufriedenheit der Bäuerinnen und Bauern meist in direktem Zusammenhang. Weiterentwicklungen können allerdings nur durch gemeinsame Anstrengungen der gesamten Wertschöpfungskette erreicht werden – bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten. Wie bei der Herkunft stehen wir auch bei den Tierhaltungsformen mehr Transparenz offen gegenüber, allerdings ist es ein schwieriger Drahtseilakt, die Vielfalt unserer kleinstrukturierten Tierhaltung in ein Schulnotensystem einzuteilen und somit abzustufen“, betont der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ), Josef Moosbrugger. “Inakzeptabel finden wir aber, die Praktiker – und das sind an vorderster Front die Bäuerinnen und Bauern – in solche Diskussionen wie die heutige nicht einzubinden. Auf so einen Tisch gehören nicht nur Handels- und Ministeriumsbosse, sondern auch Vertreterinnen und -vertreter aus der Praxis – also jene Menschen, die von der Tierhaltung leben müssen”, kritisiert Moosbrugger.
„Tatsache ist, dass die Diskussion über eine Tierhaltungskennzeichnung – ursprünglich bei Milch – von Deutschland nach Österreich ‚herüberschwappt‘ und zur Verteidigung der dortigen Heimmärkte für große Flachlandbetriebe passt. Österreich, das topografiebedingt wegen der sinnvollen Nutzung des umfangreich anfallenden Alpen-Grases und Heus viel Milch und Fleisch erzeugt und auch exportiert, ist gerade intensiv damit beschäftigt, ein praktikables und mit Deutschland kompatibles System für den Milchbereich zu entwickeln. Das ist höchst herausfordernd, da es unterschiedlichste Formen und Kombinationen von Stall- und Freilandhaltung gibt. Ein Viertel des österreichischen Milchabsatzes steht auf dem Spiel“, gibt Moosbrugger zu bedenken, der angesichts enorm gestiegener Betriebsmittelkosten auch auf die generell schwierige Situation der Tierhaltung hinweist.
„Punkto Fleisch forcieren wir freiwillige Kennzeichnungssysteme und geben – trotz aller Unterstützung für tierfreundliche Haltungsformen – zu bedenken, dass das Tierwohl-Angebot schon derzeit größer als die Nachfrage ist. Hinzu kommt, dass infolge der aktuellen Inflationsdebatte das Premiumsegment verliert und die Konsumenten verstärkt auf den Preis achten“, so der LKÖ-Präsident und weiter: „Ein Tierhaltungskennzeichnungssystem bei Milch und Fleisch muss praktikabel- sein, auf einem zentralen System aufbauen, das für alle Abnehmer passt, und muss in vollem Umfang auch für Verarbeitungs- und Importprodukte gelten. Bei Fleisch allein den Frischebereich auszuloben, wäre eine Mogelpackung. Die Forderung des LEH nach einer verpflichtenden Tierwohl-Kennzeichnung wäre nur dann glaubwürdig, wenn auch Händler, Gastronomen und Gemeinschaftsverpfleger verpflichtet werden, den Anteil an Produkten mit höherem Tierwohlstandard öffentlich zu deklarieren“, unterstreicht Moosbrugger.
LEH soll Marktanteile aus Tierwohlprogrammen offenlegen und kontrollierbaren Entwicklungspfad vorlegen
„Wenn sich der LEH für eine verstärkte Tierwohl-Kennzeichnung ausspricht, soll er gleichzeitig auch offenlegen, wie hoch der Anteil solcher Produkte derzeit ist und einen kontrollierbaren Entwicklungspfad mit ebenso kontrollierbaren Zielen vorlegen. Pläne und Realität müssen zusammenpassen. Ein paar Feigenblatt-Tierwohl-Projekte zur Eigenwerbung werden zu wenig sein, wenn die großen Mengen über den niedrigen Preis abgesetzt werden. Und auch das millionenschwere Marketing muss dann verstärkt auf Qualität und Tierwohl fokussiert werden, statt auf Rabattaktionen. Mehr Tierwohl muss jedenfalls auf verlässlichen, langfristigen Verträgen bzw. Partnerschaften basieren, Werbung alleine ist zu wenig. Es darf nicht sein, dass die Last und die Kosten wieder einmal einzig und alleine den bäuerlichen Familienbetrieben umgehängt werden“, so der LKÖ-Präsident.